Pressemitteilung zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen, am 25.11., hat der Bundesverband der Täterarbeitseinrichtungen, in diesem Jahr ein, besonders vulnerable Gruppen im Fokus.

Hier die Pressemitteilung des Bundesverbandes im Wortlaut:

Weltweit sehen sich Organisationen und Aktivist*innen, die sich für ein Ende der Gewalt gegen Frauen und Mädchen einsetzen, verstärkt Anfeindungen und extremer Gewalt ausgesetzt. Ob im Iran, in Afghanistan, Polen, den USA oder in Deutschland – Menschen, die sich in der Öffentlichkeit gegen geschlechtsspezifische Gewalt positionieren, werden immer häufiger systematisch beleidigt, bedroht, verfolgt und angegriffen. Wir erleben aktuell, so formuliert es die Autorin Susanne Kaiser, einen internationalen Backlash gegen Frauenrechte. 

Der entschlossene Einsatz gegen Gewalt an Frauen und Mädchen ist daher Jahrzehnte nach dem ersten Aktionstag zum 25. November wichtiger denn je! Weiterhin sind Frauen und Mädchen in unserer Gesellschaft in extremem Ausmaß von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen. Sie trifft Frauen in der Öffentlichkeit und zuhause, im digitalen und analogen Raum, im Privatleben und im beruflichen Kontext. Die Gewalt findet auf individueller, struktureller und institutioneller Ebene statt – Gewalt gegen Frauen ist allgegenwärtig und ein elementarer Bestandteil unserer Gesellschaft. 

Dramatisch stellt sich die Situation insbesondere für Frauen und Mädchen dar, die besonders vulnerablen Gruppen angehören und intersektionale Diskriminierung erfahren. Sie sind zum einen aufgrund von Herkunft, Hautfarbe, sexueller/geschlechtlicher Identität, Alter, Beeinträchtigung oder anderen Merkmalen einem erhöhten Gewaltrisiko ausgesetzt. Zum anderen werden diese Frauen von bestehenden Unterstützungs- und Hilfsangeboten für Gewaltbetroffene zumeist ausgeschlossen und der Gewalt weitestgehend schutzlos ausgesetzt. So sind Frauen und Mädchen mit Beeinträchtigung zwei bis dreimal so oft wie Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt von Gewalt betroffen. Sie erleben in hohem Maße häusliche und öffentliche Gewalt sowie diskriminierendes Verhalten vonseiten der Behörden, Ämter, Pflegedienste und anderen Institutionen. Trotz der extremen Gefährdungslage existieren kaum Beratungs- und Hilfsangebote für gewaltbetroffene Frauen mit Beeinträchtigung. Oftmals fehlt es Beratungsstellen und Frauenhäuser an finanziellen Ressourcen, um barrierefreie Unterstützung anbieten zu können. Nur zehn Prozent der Frauenhäuser und ein Drittel der Frauenberatungsstellen sind zumindest eingeschränkt barrierefrei. Zudem mangelt es an Maßnahmen und einer staatlichen Strategie, um gewaltfördernde Strukturen abzubauen und Frauen und Mädchen mit Beeinträchtigung präventiv vor Gewalt zu schützen.

Der Schutz von Frauen und Mädchen mit Beeinträchtigung ist in der UN-Behindertenrechtskonvention, der UN-Frauenrechtskonvention und der Istanbul-Konvention festgeschrieben. Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen fordern wir die Bundesregierung daher zur Umsetzung der Konventions-Vorgaben auf. Beratungsstellen und Frauenhäuser müssen mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um einen möglichst barrierefreien Zugang gewährleisten zu können. Es bedarf einer umfassenden Informationsvermittlung zum Thema Gewalt; sowohl für Frauen mit Beeinträchtigung selbst als auch für die in ihrem Umfeld lebenden/tätigen Personen. Die zu entwickelnde Gesamtstrategie zur Umsetzung der Istanbul-Konvention muss die besondere Schutzbedürftigkeit von Frauen, die Mehrfachdiskriminierung erfahren, berücksichtigen und wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung Gewalt beinhalten. Dafür fordern wir auch eine stärkere Finanzierung von Täterarbeit, um diese flächendeckend und ebenfalls barrierefrei anbieten zu können. Nur so können auch gewaltausübende Personen mit Beeinträchtigung oder sprachlichen Barrieren erreicht und Betroffene besser vor (weiterer) Gewalt geschützt werden.

Gewalt gegen Frauen ist kein Einzelphänomen, sondern strukturell in unserer Gesellschaft verankert. Nur gemeinsam kann uns das Aufbrechen dieser Strukturen gelingen. Als profeministischer Dachverband solidarisieren wir uns mit allen von Gewalt betroffenen Frauen und fordern die vollständige Umsetzung der relevanten Konventionen!